Home
Blog
=> September
=> Oktober
=> November
=> Dezember
=> Januar
=> Februar
=> März
=> April
Impressionen
Sehnsuchts-Liste
Die Nur-Hier-Seite
Gästebuch
Kontakt
 

März

7. März

Samstag 10.40 Uhr, der große Tag. Erdoǧan kommt für eine Rede nach Adana. Lagebesprechung. Wer geht mit, wann und was wird mitgenommen? Die Jungs basteln ein schönes Transparent. Es soll sich nicht gegen Erdoǧan richten, nur indirekt seine Meinungsfreiheits-feindliche Politik anklagen. Denn eins ist uns klar. Ein Anti-Premierminister-Plakat würden die hypersensiblen Türken sofort einkassieren. Also geben wir uns kompromissbereit und gehen auf keine aktuellen Themen ein. Denn eigentlich gäbe die derzeitige Situation in der Türkei einiges her. Der Streit zwischen der Regierung und dem größten türkischen Medienkonzern, der Dogan-Holding, ist das Topthema und verdeutlicht einmal mehr wie wenig Erdoǧan von der Pressefreiheit hält.  Doch was war passiert? Das oppositionell eingestellte Unternehmen von Herrn Dogan hatte mit seinem Flaggschiff Hürriyet und anderen weiteren kleineren Zeitungen aber auch Fernsehsendern Position gegen die AKP bezogen. Immer wieder deckten sie Korruptionsaffären auf und appellierten, mit der derzeitigen Regierung sei  der säkulare Charakter  des türkischen Staates in Gefahr. Im Jahr 2006 verkaufte Dogan 25 % seines Unternehmens an den Springer-Konzern und genau diese Transaktion nutze Erdoǧan für einen Angriff. Der Staat verurteilte ihn zu einer  Steuerstrafe von 826,3 Millionen Türkischer Lira, rund 400 Millionen Euro. Eine immense Summe. Der Grund: der türkische Medienkonzern hatte die Steuern auf den Verkauf erst im Januar 2007 gezahlt, nicht im Dezember 2006. Doch die exorbitante Summe, der Zeitpunkt der Forderung und die Tatsache, dass das türkische Steuersystem normalerweise nicht durch deutsche Korrektheit und Pünktlichkeit besticht, legen nahe, dass das Unternehmen durch diese Maßnahme in finanzielle Schwierigkeiten gebracht werden soll. Dogan-Holding versucht nun dagegen zu rudern und hoffentlich gewinnt auch diesmal David gegen Goliath.

Ohne Banner und Protest werfen wir uns trotzdem in die Menge. Und warten auf den Meister. Und warten und warten und warten. Ließen uns die drei AKP-Lieder am Anfang noch begeistert tanzen und eine Stimmung wie auf einem Volksfest entstehen, fühlen sie sich jetzt wie schlechte, monotone Werbefilme an. Um uns herum die gleichen Gesichter, allen ist die Lust aufs Warten vergangen, die Hitze und die Enge tun ihr Übriges. Keine optimale Situation für eine propaganda-ähnliche „Erdoǧan ist der Beste“ –Vorstellung. Und dann ist er da und die Begeisterung hält sich in Grenzen. Es überrascht mich, denn irgendwie kennt man das ja anders aus dem Fernsehen. Mehr dieses „Juhu, you are my man“-Geschrei. Die einzigen, die ein bisschen mehr Adrenalin verspüren, sind wahrscheinlich die Scharfschützen auf den Dächern. Durch die Aufdeckung eines geplanten Attentats auf Erdoǧan war man besonders sensibilisiert und so steht nun mit geschwollener Brust ein Bodyguard auf dem Dach der Bühne:  die Waffe auf alles gerichtet, was die AKP gefährden könnte.


11. März

„Human Rights“ so lautet der Titel einer meiner Kurse hier an der Cukurova-University. Und der Satz, den meine Dozentin Fulya, eine hübsche Türkin um die Ende 20/Anfang 30, gerade sagt, passt da perfekt rein. Es war eine Diskussion um die islamistische anti-säkuläre Haltung der AKP entbrannt. Fulya zögert und hält mit ihrer Meinung vor dem Berg. Warum? Because this is a state university and until two years ago I would have said my opinion and critics, but now… Ein Kommilitone hilft ihr diesen Standpunkt zu verdeutlichen: “We have no president, we have a king.“ Fulya kann nicht anders als ihre Zustimmung körperlich auszudrücken. Akademische Freiheit auf Türkisch.  


Heute waren schon 2 Besucher (6 Hits) hier!
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden